Mediensucht-Experte verrät: Wie Eltern Kindern bei emotionaler Überforderung durch Medienkonsum helfen könn

Viele Eltern stehen vor der Herausforderung, ihre Kinder nach intensiver Mediennutzung wieder zur Ruhe zu bringen. Mediensucht-Experte Florian Buschmann erklärt, wie Eltern ihre Kinder in solchen Situationen unterstützen können und gibt wertvolle Tipps zur Prävention von Mediensucht.
Viele Eltern kennen das Phänomen: Das Kind kommt nach dem Spielen oder Videoschauen nicht zur Ruhe. Es ist plötzlich gereizt, schreit, diskutiert oder zieht sich komplett zurück. Dieses Verhalten ist kein Fehlverhalten, sondern oft ein Zeichen von emotionaler Überforderung.
Kinder erleben beim Medienkonsum eine regelrechte Reizflut: schnelle Bildwechsel, grelle Farben, laute Musik, plötzliche Action. Egal ob bei YouTube, Minecraft oder Fortnite – ständig passiert etwas. Das Gehirn bleibt in Hochspannung.
Was viele Eltern nicht wissen: Gerade diese Dauerreize bringen das kindliche Nervensystem in eine Art Alarmzustand. Das Gehirn ist dann wie ein Motor, der heißgelaufen ist – und sich nicht einfach so abschalten lässt. Sobald der Bildschirm aus ist, fehlt der nächste Reiz – und das Nervensystem flippt aus. Für viele Kinder fühlt sich das an wie ein emotionaler Entzug.
Florian Buschmann, Gründer der „Offline Helden“, engagiert sich zur Prävention von Mediensucht. Einst selbst betroffen, weiß er um die Gefahren. Jährlich führt er mit seinem Team über 300 Veranstaltungen mit mehr als 10.000 Teilnehmern in Schulen durch. Die „Offline Helden“ setzen sich für Medienkompetenz, Mediensuchtprävention und den richtigen Umgang mit KI ein. Sie wissen: Die Zukunft beginnt bei unseren Kindern.
Wut ist in diesem Moment nicht einfach „schlechtes Benehmen“, sondern ein Ventil. Die Kinder wissen nicht, wohin mit sich – also platzt es aus ihnen heraus.
Was Kinder selbst erzählen
In unseren Schulveranstaltungen zur Prävention von Mediensucht berichten Kinder immer wieder ganz offen, wie sie beim Zocken richtig ausrasten. Ein Junge erzählte uns: „Wenn ich verliere, raste ich voll aus – ich hab schon zweimal den Controller gegen die Wand geworfen.“ Ein anderes Kind sagte: „Ich werd dann richtig wütend und schrei meine Mutter an, obwohl sie gar nichts gemacht hat.“
Diese Aussagen zeigen: Die Kinder wollen das gar nicht. Sie fühlen sich machtlos gegenüber ihrer eigenen Wut – und schämen sich oft im Nachhinein dafür. Was fehlt, ist jemand, der sie anleitet, wie sie mit diesen Gefühlen umgehen können. Und genau hier kommen Sie als Elternteil ins Spiel.
Schaffen Sie Übergänge statt abrupter Abbrüche
Planen Sie schon vor der Medienzeit gemeinsam mit Ihrem Kind, was im Anschluss passiert. Das kann etwas Gemeinsames sein – etwa Kochen, Malen oder Spielen – oder etwas Ruhiges wie ein Hörspiel, Kuscheln oder ein Spaziergang. So vermeiden Sie einen plötzlichen Reizabbruch, der das Kind emotional überfordern kann.
Feste Rituale als Ruheanker
Führen Sie kleine Übergangsrituale ein, die immer gleich ablaufen. Ein Beispiel: „Wenn der Timer klingelt, machen wir zehn Minuten Kuschelzeit.“ So verinnerlicht Ihr Kind: Die Medienzeit ist begrenzt – aber danach folgt etwas Verlässliches und Schönes.
Sprechen Sie über Wut – bevor sie explodiert
Fragen Sie Ihr Kind zum Beispiel: „Was fühlst du, wenn du das Spiel beendest?“ oder sagen Sie: „Ich sehe, du bist gerade sehr wütend. Das ist okay – wir schauen gemeinsam, was du brauchst.“ Kinder lernen den Umgang mit Gefühlen nicht durch Strafen, sondern durch verständnisvolle Begleitung.
Vermeiden Sie Schuldzuweisungen
Wut ist keine böse Absicht. Sie ist Ausdruck inneren Stresses. In solchen Momenten braucht Ihr Kind keine Bewertung, sondern jemanden, der präsent ist – ruhig, liebevoll und klar.
Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.
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