Gesundheit: Forscher: Mehr als 60 000 Menschen in Europa starben 2024 wegen Hitze

Mitte Juli 2024 lagen weite Teile Europas unter einer Hitzeglocke: Im bosnischen Mostar war es an sechs Tagen in Folge mehr als 40 Grad heiß, Griechenland meldete die am längsten anhaltende Hitzewelle seiner Geschichte. In Italien gaben die Behörden für 13 Städte Warnungen vor extremer Hitze heraus.
Wie tödlich die hohen Temperaturen waren, zeigt nun ein Team vom Gesundheitsforschungsinstitut ISGlobal aus Barcelona. Etwa 62 700 Todesfälle habe die Hitze im Jahr 2024 in Europa verursacht, schätzen die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature Medicine. Das ist etwa ein Viertel mehr als im Sommer 2023. Die Zahl lag aber unter den hitzebedingten Todesfällen im Jahr 2022, als 67 900 Personen starben.
Am stärksten betroffen war wie bereits 2022 und 2023 Italien: Dort wurden für den Zeitraum zwischen Anfang Juni und Ende September 2024 mehr als 19 000 Hitzetote geschätzt. Auf Platz zwei folgt Spanien mit mehr als 6700 Todesfällen, gefolgt von Deutschland, wo die Hitze rund 6300 Menschen das Leben gekostetet haben könnte. Die Plätze vier und fünf belegen Griechenland (knapp 6000 hitzebedingte Todesfälle) und Rumänien (4900).
Anders sieht allerdings die Reihenfolge aus, wenn man die geschätzte Zahl der hitzebedingten Todesfälle in Relation zur Einwohnerzahl setzt. Hier belegt Griechenland laut der Studie mit 574 Hitzetoten pro eine Million Einwohner Platz eins vor Bulgarien mit 530 und Serbien mit 379. Dieser Wert lag in Deutschland bei 74.
Der Sommer 2024 war in Europa wie weltweit der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. In 15 der 32 untersuchten europäischen Länder war es auch der tödlichste der vergangenen Jahre. Das liegt laut der aktuellen Studie auch an der regionalen Verteilung der Hitze. So war im vergangenen Jahr vor allem der Südwesten des Kontinents sowie die Balkanregion betroffen. In Rumänien lagen die Temperaturen im Schnitt um drei Grad höher als im langjährigen Durchschnitt. Diese Regionen gelten zudem als besonders gefährdet, etwa weil die Bevölkerungen überdurchschnittlich alt sind oder die Menschen zu wenig vor den Folgen von Hitze gewarnt werden.
Eine andere Auffälligkeit ist, dass Frauen überdurchschnittlich häufig aufgrund infolge von Hitzewellen sterben. Dieses Muster hatte sich bereits in früheren Sommern gezeigt. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass Frauen im Schnitt einige Jahre länger leben als Männer. Zugleich ist das Risiko für einen hitzebedingten Tod für über 75-Jährige besonders hoch, in dieser Altersgruppe gibt es deutlich mehr Frauen als Männer.
Allein in Rom führte die Erderwärmung zu 800 zusätzlichen TodesfällenUm die Zahl der Hitzetoten zu schätzen, nutzten die Forscher von ISGlobal Temperaturmessungen und Sterbedaten. Frühere Berechnungen auf Basis von Wochenstatistiken hatten die gesundheitliche Belastung den Autoren zufolge teils um 5 bis 20 Prozent unterschätzt. Deshalb griffen die Forscher diesmal auf täglich erfasste Daten aus einer europäischen Forschungsdatenbank zurück, mit denen sich die Modelle verfeinern ließen.
Für die Entwicklung der hitzebedingten Todesfälle spielt zudem der Klimawandel eine immer größere Rolle, wie eine weitere kürzlich erschienene Studie zeigt. Ein Team vom Imperial College London sowie von der London School of Hygiene and Tropical Medicine hatte dafür die hitzebedingten Sterbefälle in 854 europäischen Städten für den Sommer 2025 abgeschätzt.
Laut der Analyse sind rund 68 Prozent dieser Todesfälle auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen. Unter den europäischen Hauptstädten ist demnach Rom mit mehr als 1200 hitzebedingten Todesfällen in diesem Sommer am stärksten betroffen, wobei rund 800 davon ohne den Klimawandel nicht aufgetreten wären. An zweiter und dritter Stelle folgen Athen mit insgesamt mehr als 1000, sowie Paris mit rund 600 hitzebedingten Todesfällen in diesem Jahr.
Die Erderwärmung führt nachweislich zu einer Häufung und Intensivierung von Hitzewellen. Europa, vor allem der Süden des Kontinents, gilt als Hotspot dieser Entwicklung. In Nature Medicine mahnen die Forscherinnen und Forscher, schnell neue Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehöre eine neue Generation europaweiter Frühwarnsysteme, die Hitzeprognosen mit Gesundheitsdaten verbinden.
Mit Material von dpa
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