Charité-Ärzte setzen Patienten weltweit einzigartige Herzprothese ein


- Pauline Naethbohm
Pauline Naethbohm
Ein Ärzteteam der Berliner Charité hat einem Patienten erstmals eine Herzklappenprothese aus körpereigenem Gewebe eingesetzt. Die Hoffnung, damit Operationen einzusparen, ist groß.
Am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) ist einem Menschen eine weltweit einzigartige Herzklappenprothese aus körpereigenem Gewebe erfolgreich eingesetzt worden. Dies verkündet das Zentrum in einer Pressemitteilung.
Der Patient habe den Eingriff demnach gut überstanden. Der 30-jährige Marcus L., der eine angeborene Verengung einer Herzklappe hat, konnte das Krankenhaus bereits nach fünf Tagen verlassen und nach vier Wochen wieder seine Arbeit aufnehmen. "Ich fühle mich hervorragend", sagte er. Auch bei einem weiteren Patienten war der Protheseneinsatz erfolgreich.
Bei der Prothese handelt es sich um einen Klappenersatz speziell für die Lungenklappe – einem Ventil zwischen Herzkammer und der Lungenarterie. Jedes Jahr kommen in Deutschland rund 800 Kinder mit einem Defekt dieser Herzklappe zur Welt.
Bislang bestanden die Prothesen für diese Klappe aus tierischem Gewebe von Schweinen und Rindern. Allerdings sind die Klappen nur eingeschränkt haltbar und wachsen nicht mit, was insbesondere für Kinder mit einem angeborenen Lungenklappenfehler von Nachteil ist. Nach einigen Jahren müssen die Prothesen in einer Operation am offenen Herzen wieder ersetzt werden, was eine große Belastung darstellt und lange Krankenhausaufenthalte erfordert.
Um dieses Problem zu lösen, forscht Boris Schmitt, Kinderarzt am Deutschen Herzzentrum der Charité, bereits seit 2010 mit seinem Team an einer alternativen Prothese aus körpereigenem Gewebe. Diese wächst mit dem Körper und wird vom Immunsystem akzeptiert.
Zur Herstellung der Ersatzklappe entnehmen die Ärzte Gewebe aus dem Herzbeutel der Patienten und formen daraus die Segel der neuen Herzklappe. Anschließend befestigen sie diese in einem Drahtgerüst, einem sogenannten Stent.
Dieser wird dann komprimiert und über einen dünnen Katheter unter Röntgenkontrolle an die richtige Position im Herzen transportiert und dort entfaltet. Die Operation dauert nur wenige Stunden und erfolgt nicht am offenen Herzen.
Zu Beginn werden die Klappen vom Blutstrom mit Nährstoffen versorgt, später bilden sich auch Zellschichten aus. "Die Segel der Herzklappe bleiben dadurch gleichsam lebendig, können sich regenerieren und an die Bedürfnisse des Körpers anpassen", sagt Schmitt in der Pressemitteilung.
"Wir hoffen daher, dass diese Klappen deutlich länger halten können als die bisher zur Verfügung stehenden Modelle, im Idealfall ein Leben lang."
Insbesondere Kinder mit angeborenem Herzklappenfehler könnten von dieser Technologie profitieren. Ihnen würde ein spezieller Stent eingesetzt, der sich mit der Zeit auflöst, sodass er das Wachstum der Herzklappe nicht hindert.
Projektleiter Felix Berger, Direktor der Klinik für Angeborene Herzfehler – Kinderkardiologie am DHZC betonte: "Wir hoffen, dass wir mit dieser Methode die Anzahl notwendiger offener Herzoperationen signifikant senken können."
Das Projekt hatte nach jahrelangen Vorstudien und Genehmigungsverfahren vor Kurzem die Erlaubnis zum Einsatz am Menschen erhalten. Die laufende Studie am Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (DZHK) untersucht zunächst die Unbedenklichkeit des Verfahrens an sieben jungen Erwachsenen, die einen angeborenen Lungenklappendefekt haben.
Anschließend soll es in größeren Studien auch an Kindern getestet werden. Zudem ist geplant, die Technologien auch für andere Herzklappen wie etwa die Aortenklappe zu erproben.
FOCUS