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Wann macht Verkehrslärm krank?

Wann macht Verkehrslärm krank?

Im Straßenverkehr, auf der Schiene, in der Luft, tagsüber und nachts: Es gibt Lärmpegel, die nicht nur lästig sind, sondern auch der menschlichen Gesundheit schaden können. Ein neuer Bericht der Europäischen Umweltagentur EEA kommt zum Schluss, dass die Lärmbelastung insbesondere durch den Verkehr sehr viele Menschen trifft. Insgesamt werde zu wenig gegen das Problem getan. Ein Überblick.

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Das Ohr lässt sich nicht abschalten. Zu jeder Tageszeit empfängt es Geräusche. Genauer: Schallwellen, die von den Gehörzellen verarbeitet und als Signal bis ins Gehirn gesendet werden. Ab wann das als Lärm wahrgenommen wird, ab wann es den Körper belastet, ist stark subjektiv. Orientierung bietet die Maßeinheit für die Stärke des Schalls bezogen auf das menschliche Gehör: Dezibel A, beziehungsweise dB (A).

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Geräusche bis 65 Dezibel empfinden Menschen als normal. Das kann ein tropfender Wasserhahn, ein brummender Kühlschrank, leise Radiomusik oder Blätterrauschen sein. Ein Rasenmäher kommt bereits auf 70 Dezibel - und ab einer Lautstärke von 80 bis 85 Dezibel kann das Gehör bei längerer Beschallung dauerhaft geschädigt werden. Zum Vergleich: Ein Auto mit 100 km/h in einem Meter Abstand kommt auf rund 90 Dezibel, eine Kreissäge auf 100, ein Personenflugzeug in sieben Metern Abstand auf 110. So hält es der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen fest.

Mit „irreversiblen Hörverlusten“ ist nach einer langfristigen Schallbelastung mit mittleren Schalldruckpegeln von mehr als 80 Dezibel bereits zu rechnen, hält das Bayerische Landesamt für Gesundheit auf seiner Homepage fest. Neben der direkten Schädigung des Gehörs sind der EEA zufolge aber auch indirekte negative Einflüsse auf die menschliche Gesundheit durch Lärm zu befürchten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Richtwerte oberhalb von 53 Dezibel tagsüber und 45 Dezibel nachts festgelegt. Werden diese überschritten, steigt das Risiko für Schlafstörungen, die Beeinträchtigung der kognitiven Entwicklung, Stressreaktionen durch das Aktivieren des vegetativen Nervensystems und des hormonellen Systems.

Lärm, Gesundheit, Beschwerden, Krankheiten

Lärm, Gesundheit, Beschwerden, Krankheiten

Quelle: Patan/RND, Quelle: EEA Report

Körperliche Folgen können auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ein erhöhter Blutdruck, eine steigende Herzfrequenz, Schweißausbrüche, Störungen des Stoffwechsels und Diabetes sein. Die kognitive Leistung und das Konzentrationsvermögen können abnehmen, das Risiko für Depressionen und Angststörungen zunehmen. Besonders Kinder und Jugendliche seien anfällig für die Folgen des Lärms. Das könne zu Leseschwächen, Verhaltensauffälligkeiten und Fettleibigkeit beitragen.

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„Die Stressreaktionen können weitgehend unbewusst auch im Schlaf und bei Personen vorkommen, die meinen, sich an Lärm gewöhnt zu haben”, sagt das LGL. Generell gilt: Je mehr die Belastungen durch Umgebungslärm zunehmen, umso höher die Risiken, dass sich das nachteilig auf die menschliche Gesundheit auswirkt.

Hauptquelle der Lärmbelästigung sei der Straßenverkehr - besonders derjenige in dicht besiedelten städtischen Gebieten. Verkehrslärm zählt der EEA zufolge zu den drei Hauptfaktoren für Gesundheitsgefahren - gleich hinter Luftverschmutzung und temperaturbedingten Faktoren. Die chronische Lärmbelastung durch den Verkehr trage in Europa jährlich zu 66.000 vorzeitigen Todesfällen bei, führe zu rund 50.000 neuen Fällen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 22.000 Fällen von Typ-2-Diabetes.

Hierzulande müssen der EEA zufolge schätzungsweise fast 22 Millionen Menschen, also 26 Prozent der Bevölkerung, mit Lärmpegeln über einem definierten Schwellenwert von 55 Dezibel klarkommen. Schaut man nur auf das nächtliche Zeitfenster, wurde bei fast 15 Millionen Menschen, also 18 Prozent der Bevölkerung, der Schwellenwert von 50 Dezibel gerissen. EU-weit ist mindestens einer von fünf Menschen langfristig gesundheitsschädlichen Lärmpegeln ausgesetzt, schätzt die EEA.

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Das subjektive Empfinden in Deutschland fällt noch drastischer aus: So hat das Umweltbundesamt 2020 rund 2000 Menschen in einer repräsentativen Umfrage zu ihrem Lärmerleben befragt. 76 Prozent der Teilnehmenden gaben an, sich vom Straßenverkehr gestört oder belästigt zu fühlen, 43 Prozent vom Flugverkehr, 34 Prozent durch Schienenverkehr.

Um die Menschen besser zu schützen, gibt es verschiedene Maßnahmen. Geräuscharmer Asphalt kann auf Straßen verlegt, Radverkehr gefördert, Ruhezonen und mehr Grünflächen etabliert werden. In Deutschland erstellen zahlreiche Gemeinden spezielle Lärmaktionspläne, die alle fünf Jahre überprüft werden. Auch Lärmkarten müssen einer EU-Richtlinie folgend in Ballungsräumen mit mehr als 100.000 Einwohnern erstellt werden - und können von der Öffentlichkeit eingesehen werden.

Das Umweltbundesamt empfiehlt beispielsweise Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Städten. Fahrstreifen können punktuell reduziert werden. Der Schutz vor nächtlichem Lärm könnte ebenfalls verbessert werden - etwa durch keinen regelmäßigen Flugbetrieb zwischen 22 und 6 Uhr an Flughäfen mit dichter Besiedlung.

Das erklärte Ziel der Europäischen Kommission: Bis 2030 soll die Zahl der Menschen, die unter einer chronischen Belastung durch Verkehrslärm leiden, um 30 Prozent verringert werden. In absoluten Zahlen sind das 5,3 Millionen Menschen innerhalb der EU, für die sich die Belastung deutlich verringern soll.

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Nach Einschätzung der EEA wird das Ziel allerdings verfehlt, wenn das Tempo der Veränderungen auf europäischer und nationaler Ebene nicht stark anzieht. Im Vergleich zu 2017 habe sich die Situation nämlich nur minimal verbessert. Die Zahl der durch Verkehrslärm stark belästigten Menschen sei nur um schätzungsweise drei Prozent zurückgegangen.

rnd

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