Brief an Minister: Hersteller drängen auf neue Abwasser-Regelung


Mit einer vierten Klärstufe und einer erweiterten Beteiligung sind die Hersteller nicht zufrieden und wollen eine Neufassung der geplanten Kommunalen Abwasserrichtlinie (KARL). / © IMAGO/Marc Schüler
Mit der überarbeiteten Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) wurde die Einführung einer vierten Reinigungsstufe in kommunalen Kläranlagen zur Entfernung von Spurenstoffen wie Arzneimittelrückständen beschlossen. Zudem müssen Pharma- und Kosmetikhersteller sich zu mindestens 80 Prozent an den Kosten der neuen Klärstufe beteiligen. Bisher wurde die EU-Richtlinie noch nicht in deutsches Recht umgesetzt.
Die Hersteller sehen in dem Plan, sie nach dem Verursacherprinzip stärker an den Reinigungskosten zu beteiligten, eine Gefahr für die Unternehmen und am Ende für die Arzneimittelversorgung. Branchenvertreter warnen vor drastischen Folgen: Produktionsverlagerungen ins Ausland und spürbare Preissteigerungen bei Medikamenten könnten die Konsequenz sein. Inzwischen ist das Vorhaben vorerst wieder auf dem Prüfstand.
Die Branche drängt auf Änderungen. Per Brief hat der Herstellerverband Pharma Deutschland sich an Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) gewandt. Hauptgeschäftsführerin Dorothee Brakmann und der Vorstandsvorsitzende Jörg Wieczorek kritisieren darin, dass die Richtlinie »auf nachweislich fehlerhaften Annahmen« basiere, wie es in einer Mitteilung heißt. »Nur eine Kommunalabwasserrichtlinie auf seriöser wissenschaftlicher Grundlage kann Umweltschutz und Arzneimittelversorgung miteinander vereinbaren.«
Etwa gehe die Richtlinie davon aus, dass 66 Prozent der Mikroschadstoffe im Abwasser von Humanarzneimitteln stammten. Tatsächlich lägen dazu keine eindeutigen Daten vor. Zudem gebe es »eklatante Fehleinschätzungen« bei den Kosten. Während die EU-Kommission 238 Millionen Euro jährlich für Deutschland veranschlage, geht das Umweltbundesamt von mindestens einer Milliarde Euro aus.
»Wir appellieren an Herrn Bundesminister Schneider, die erweiterte Herstellerverantwortung in dieser Form auszusetzen und eine unabhängige wissenschaftliche Neubewertung der KARL zu veranlassen«, appelliert der Verband. Rückendeckung sieht er zudem vom deutsch-französischen Ministerrat sowie von der Gesundheitsministerkonferenz und der Wirtschaftsministerkonferenz der Länder, die sich auch für eine Neufassung ausgesprochen hätten.

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