Sprache auswählen

German

Down Icon

Land auswählen

Germany

Down Icon

Ahrensburg: Lipödem-Patientin über die Krankheit, verletzende Kommentare und Behandlung

Ahrensburg: Lipödem-Patientin über die Krankheit, verletzende Kommentare und Behandlung

Ahrensburg. „Du bist fett“ – diese Worte hat Lara Sophie Kuprat schon oft gehört. Der Umfang ihrer Arme und Beine macht sie regelmäßig zur Zielscheibe für Beleidigungen. Zur Gewohnheit werden solche Worte nie. Es verletzt sie jedes Mal, wenn fremde Menschen ihren Körper kommentieren. Auch wenn sie versucht, sich solche Sprüche nicht zu Herzen zu nehmen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Dass sie übergewichtig ist, weiß die 24-Jährige aus Ahrensburg längst. Für diese Erkenntnis braucht sie keine Fremden, die sie darauf aufmerksam machen. Trotzdem würde sie diesen Menschen gerne erklären, dass es viele Gründe für Übergewicht gibt – und dass ihrer eine chronische Erkrankung ist. Denn diese Menschen wissen nicht, dass bei ihr ein Lipödem im Stadium zwei diagnostiziert wurde.

Lipödem – das ist eine chronische Erkrankung, die sich durch eine ungleichmäßige Fettverteilung im Körper zeigt. Zu den Betroffenen gehören fast ausschließlich Frauen, die an einer übermäßigen Ansammlung von Unterhautfettgewebe und Wassereinlagerungen leiden, vor allem an den Armen und Beinen. Die Haut hat eine unebene Struktur, darunter sind kleine Knötchen erkennbar.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die betroffenen Körperstellen schmerzen, sind angeschwollen und fühlen sich schwer oder müde an. Kuprat vergleicht ihre Schmerzen mit Muskelkater. Alltägliche Bewegungen wie Haare föhnen bereiten ihr bereits Schwierigkeiten. „Ich muss oft Pause machen, weil meine Arme schon ab der ersten Sekunde super schwer sind“, sagt die 24-Jährige. Manchmal sind die Schmerzen so schlimm, dass nur noch Tabletten helfen. Hinzu kommt, dass die Haut empfindlich ist, schon kleine Stöße verursachen riesige blaue Flecken. Zudem ist die Durchblutung gestört, weshalb Betroffene oftmals über kalte Arme und Beine klagen.

Diese chronische Erkrankung kann zahlreiche Begleiterkrankungen hervorrufen, zum Beispiel Adipositas. Neben körperlichen Beschwerden kann ein Lipödem auch eine psychische Belastung sein. Betroffene fühlen sich unwohl mit ihrem Aussehen und den ungewöhnlichen Proportionen. Dazu kommt, dass die Schmerzen das Bestreiten des Alltags erschweren, was ebenfalls mental belastend sein kann. Auch Kuprat ist wegen einer daraus resultierenden Angststörung und einer leichten Depression in Therapie.

Diese Krankheit wird in drei Stadien eingeteilt: Je weiter fortgeschritten, desto mehr Fett hat sich angesammelt. Für einige Betroffene nimmt damit auch die Intensität ihrer Symptome zu. Meist wird die Krankheit durch hormonelle Veränderungen ausgelöst – beispielsweise nach der Pubertät, einer Schwangerschaft oder den Wechseljahren.

Mittlerweile hat Kuprat eine offizielle Diagnose erhalten. Allerdings war der Weg dorthin nicht leicht. Schon seit ihrer Pubertät begleiten sie die klassischen Lipödem-Symptome. Lange dachte sie, dass sie eben einfach etwas dicker sei.

Deutschland ist ein buntes Land. Für diese Rubrik haben wir für Sie bewegende Geschichten aus ganz Deutschland recherchiert. Nicht Ost, nicht West, nicht links, nicht rechts, sondern das echte Leben in seiner ganzen inspirierenden Fülle – Echt Deutschland.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

In den sozialen Medien fand sie schließlich durch Zufall eine Influencerin, die über Lipödem aufklärt. Kuprat fand sich in den beschriebenen Symptomen wieder und startete eine intensivere Recherche. Vor etwa zwei Jahren erhielt sie in einer privaten Lipödem-Spezialklinik in Hamburg die offizielle Diagnose. Die 24-Jährige erinnert sich noch genau an die Erleichterung, endlich eine Erklärung für all ihre Beschwerden zu haben.

Doch es folgte schnell die Ernüchterung, denn die Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt. Mittlerweile ernährt sich die 24-Jährige vegan und geht regelmäßig schwimmen und ins Fitnessstudio. Sport und gesunde Ernährung alleine helfen Betroffenen allerdings nur bedingt. Linderung schaffen manuelle Lymphdrainagen oder Kompressionsstrumpfhosen. Am effektivsten ist jedoch eine Liposuktion – eine Operation für rund 25.000 Euro, bei der das überschüssige Gewebe entfernt wird. In einigen Fällen übernimmt die Krankenkasse die Operationskosten von Betroffenen in Stadium drei.

Die Behandlungskosten von Kuprat werden nicht übernommen. „Das macht einen schon wütend“, sagt sie. Alleine kann sie sich die Operation auch nicht leisten. Sie studiert und möchte Lehrerin werden, nebenbei arbeitet sie als Werksstudentin beim Tierschutzverein. 25.000 Euro zu sparen, scheint zum jetzigen Zeitpunkt unvorstellbar.

Trotzdem hat sie damit angefangen und einen Aufruf über die Plattform Gofundme gestartet. Dort schildert sie ihr Krankheitsbild und hofft auf Spenden für ihre Liposuktion. Damit möchte sie sich vor Folgeerkrankungen wie Gelenkschmerzen durch Übergewicht schützen und auch mit einem gesunden Körper ohne Beschwerden in ihren Traumberuf als Lehrerin starten.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die 24-Jährige weiß, dass sie noch am Anfang steht und ihre Diagnose sie noch lange begleiten wird. Sie hat Hoffnung, dass sich die Lipödem-Forschung und die Wahrnehmung der Krankheit verbessern wird und möchte Betroffenen Mut machen: „Man sollte nicht aufgeben und für seine Diagnose und Behandlung kämpfen.“

Dieser Artikel erschien erstmals in den „Lübecker Nachrichten“ – Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland.

rnd

rnd

Ähnliche Nachrichten

Alle News
Animated ArrowAnimated ArrowAnimated Arrow